Wie Sie den richtigen Ton treffen

Eine kleine Übung zum Einstieg: Stellen Sie sich vor, Sie treffen Ihren besten Freund/Ihre beste Freundin. Sie unterhalten sich, wie es Ihnen geht, dann fragt er/sie: „Gestern ist es bei dir auch später geworden, oder?“

Stellen Sie sich die Situation bildlich vor und hören Sie explizit auf den Tonfall, in dem Ihr Freund/Ihre Freundin spricht. Was hören Sie? Wird der Satz mit einem Lachen beendet oder vielleicht sogar mit einem Augenzwinkern? Oder schwingt ein leiser Vorwurf mit? Hören Sie in sich hinein, was der Tonfall in Ihnen auslöst. Wie reagieren Sie? Beginnen Sie automatisch zu lächeln oder beginnen Sie, sich zu rechtfertigen?

Stellen Sie sich nun dieselbe Situation vor, aber jetzt sprechen Sie mit Ihrer Mutter. Wie klingt der Tonfall jetzt? Welche Emotionen und welche Reaktionen lösen der Tonfall Ihrer Mutter in Ihnen aus? Ist der Tonfall liebevoll, zugewandt, interessiert oder hören Sie einen Vorwurf? Fühlen Sie in die Situation hinein - wie reagieren Sie?

Machen Sie die Übung anschließend mit zwei weiteren Personen, mit denen Sie viel Zeit verbringen, beispielsweise einem Arbeitskollegen, Ihrer Chefin, Ihrer Schwester oder Ihrem Nachbarn.

Sie merken schon, ein- und derselbe Satz kann in uns ganz verschiedene Reaktionen auslösen.

 

Inhaltsverzeichnis

 

Die Bedeutung des Tonfalls in der Kommunikation

Kommunikation ist weit mehr als die Worte, die wir sprechen. Wenn wir etwas sagen, senden wir Botschaften auf verschiedenen Ebenen. Mithilfe des Tonfalls können wir die Bedeutung einer Nachricht betonen und Emotionen vermitteln. Treffen wir hingegen nicht den richtigen Tonfall kann dies zu Missverständnissen und Kommunikationsproblemen führen.

„Der Ton macht die Musik.“

 

Wie und wann verändert sich unser Tonfall?

Emotionen spielen eine wesentliche Rolle bei der Gestaltung unseres Tonfalls. Sie können unsere Stimme beeinflussen und Nuancen in unserer Sprache verändern. „Kochen“ wir innerlich, dann „kocht“ auch unsere Stimme hoch. Emotionen sind immer in der Stimme hörbar. Sind wir wütend und legen nun ein künstliches Lächeln über unsere negativen Emotionen, verändert auch dies den Tonfall. Die darunterliegende Emotion wird noch deutlicher hörbar. Daher ist es wichtig, auf die eigenen Emotionen und Gedanken zu achten.

 

Freude und Begeisterung:

Wenn wir glücklich oder aufgeregt sind, äußert sich dies in einer lebhaften und dynamischen Modulation. Unsere Stimme wird heller, abwechslungsreicher und wir neigen dazu, schneller zu sprechen. Die positiven Emotionen verleihen unserem Tonfall Energie und bringen unsere Begeisterung für das Gesagte zum Ausdruck.

 

Ärger und Frustration:

Sind wir verärgert oder frustriert sind, wir unser Tonfall schärfer. Wir sprechen laut und mit höherer Geschwindigkeit. Gleichzeitig betonen wir bestimmte Worte, um unserer Aussage mehr Ausdruck zu verleihen.

 

Trauer und Enttäuschung:

Trauer und Enttäuschung führen dazu, dass unser Tonfall gedämpft, monotoner und langsamer wird. Unsere Stimme verliert an Dynamik. Wir machen viele Pausen und sprechen automatisch leiser.

 

Angst und Nervosität:

Sind wir ängstlich oder nervös, drückt sich dies in einem zögerlichen oder unsicheren Tonfall aus: Unsere Stimme zittert und klingt brüchig.

 

Meine innere Haltung

Oft denken wir gar nicht bewusst über unsere innere Einstellung nach. Wir reagieren auf äußere Einflüsse. Doch, wie wir uns fühlen, was wir über uns und andere denken, bestimmt unsere Kommunikation in hohem Maße. Wer in einem Gespräch sitzt und denkt: „Was für ein Idiot ...“, der darf sich nicht wundern, wenn diese Missbilligung im Stimmklang nach außen tritt und den Gesprächsverlauf negativ beeinflusst.

Dasselbe Problem tritt auf, wenn beispielsweise ein Mitarbeitender zu spät zu einem Meeting kommt und die Führungskraft daraufhin sagt: „Der Grund des Zuspätkommens interessiert mich schon.“, und sich gleichzeitig denkt: „Erzähl mir ja keine Märchen.“ In dem Moment, in dem wir in dieser Haltung sind und diese Gedanken denken, reagiert unser Körper mit den entsprechenden Emotionen. Wir fühlen Ärger, Wut, Frustration oder Missbilligung und genau diese Emotionen werden in unserer Stimme und damit in unserem Tonfall hörbar.

Unsere innere Haltung löst demnach Emotionen aus, die dann anschließend unseren Tonfall verändern. Aus diesem Grund möchten wir Ihnen an dieser Stelle zwei Möglichkeiten an die Hand geben, mit denen Sie Ihren Tonfall beeinflussen können:

  1. Sie können Ihre innere Haltung überprüfen.
  2. Sie können in Gesprächen bewusst nach innen blicken und Ihre Gefühle und Emotionen überprüfen.

 

Diese Reflexion kann Ihnen helfen, ehrlich mit sich und Ihrem emotionalen Zustand zu sein und es verhindert, dass Sie unbewusste Botschaften über Ihren Tonfall „versenden.“

 

 

Verantwortungsvolle Kommunikation

Doch nicht nur unsere Emotionen werden im Stimmklang deutlich. Multitasking ist geteilte Aufmerksamkeit. Schreiben Sie, während einem Telefonat keine E-Mails oder WhatsApp-Nachrichten, auch wenn Ihr Gegenüber gerade etwas ausholt. Dasselbe gilt für persönliche Gespräche: GesprächspartnerInnen merken schnell im Tonfall und der Sprechgeschwindigkeit, wenn ihr Gegenüber nicht präsent ist. Eltern kennen diese Situation vielleicht: Gerade haben sie noch im HomeOffice gearbeitet, dann kommt das Kind mit einer Frage ins Arbeitszimmer. Hängen wir mit den Gedanken noch im letzten Gespräch, übertragen wir auch die Stimmung des Gesprächs. Die Folge: Die Frage des Kindes wird aus dem „Arbeitsmodus“ heraus beantwortet, der sich in Tonfall, Wortwahl und Sprechgeschwindigkeit deutlich von der Sprache unterscheidet, die im „Elternmodus“ verwendet wird.

Nehmen Sie sich daher nach Gesprächen eine Minute Zeit, um sich zu zentrieren und wieder vollständig bei sich anzukommen. Dies verhindert, dass Emotionen aus vorherigen Gesprächen die Stimmung in weiteren Gesprächen beeinflusst. Mehr zu diesem Thema im Unterpunkt 5. Micro-Pausen.

Gleichzeitig können Sie aber auch an sich und Ihrer Einstellung zu anderen arbeiten:

Auch wenn es nicht einfach ist, immer eine gute oder wenigstens neutrale Einstellung zu unseren GesprächspartnerInnen zu haben, ist es für den Verlauf des Gespräches von hoher Bedeutung. Urteilen Sie daher nicht zu schnell. Tipp: Lieber verwundert oder erstaunt sein 😋, statt missbilligend, verachtend oder verärgert zu reagieren.

„Du bist nicht perfekt, ich bin nicht perfekt, und das ist gut so.“ – Vielleicht hilft es Ihnen, sich ein Motto aufzuschreiben. Hängen Sie das Motto gut sichtbar an Ihren Schreibtisch oder stecken Sie einen Zettel in Ihre Hosentasche. Gewöhnen Sie sich an, die Worte zu lesen, bevor sie in ein schwieriges Gespräch gehen.

Dies unterstützt Sie dabei, Ihren GesprächspartnerInnen mit einer respektvollen Haltung zu begegnen. Durch das Motto rufen Sie sich in Erinnerung, dass alle Menschen ihr Bestes geben. Auf diese Art und Weise richten Sie Ihren Fokus automatisch auf die liebenswerten Eigenschaften Ihres Gegenübers und auf eine partnerschaftliche Ebene, die es uns nicht erlaubt, andere herabzusetzen.

 

Micro-Pausen

Besonders im Beruf kommen Gespräche manchmal „Schlag auf Schlag“. Hier besteht die Gefahr, dass wir noch in den Gedanken und Emotionen des vorherigen Gesprächs „festhängen“. Häufig ist das Phänomen durch die folgenden Gedanken zu erkennen: „Heute sind alle ...“ Wir nehmen unsere GesprächspartnerInnen nicht mehr als Individuen wahr. Aus diesem Grund ist es wichtig, nach jedem Gespräch und jedem Kontakt kurz innezuhalten und zu sich zurückzukommen. Hierfür reichen meist schon wenige Sekunden.

 

Ideen, um sich neu zu fokussieren:

  1. Suchen Sie sich ein „Lieblingsbild“ aus. Zum Beispiel einen leeren Strand, einen Bergsee, etc. Schließen Sie nach jedem Gespräch die Augen und stellen Sie sich Ihr Lieblingsbild vor Ihrem inneren Auge vor. Zählen Sie dabei langsam bis 3.
  2. Schließen Sie kurz die Augen. Kneifen Sie dabei die Augen und Augenbraun fest zusammen. Reißen Sie die Augen anschließend mit Schwung auf. Wiederholen Sie dies drei Mal.
  3. Die großen Zehen spüren: Probieren Sie folgendes aus: Hören Sie einer Person zu und lenken Sie die Aufmerksamkeit auf Ihre großen Zehen. Wenn Sie wollen, können Sie mit diesen auch leicht wackeln. Sie können weiterhin zuhören, bleiben aber gleichzeitig bei sich. So fällt es leichter, die eigenen Gefühle und Emotionen wahrzunehmen, ohne von diesen überrollt zu werden.

 

Viel Spaß beim Ausprobieren!

Birgit Schäfer

 

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