Jenseits der Diskussion um männlich, weiblich oder divers, sowie geschlechterkonformer Sprache, erlebt man im Firmenalltag immer noch die Verwendung verschiedene Sprachstile.
Aus diesem Grund möchte ich heute Studienergebnisse zum Thema typisch-männliche und typisch-weibliche Sprachverwendung darstellen und erläutern, worin diese unterschiedliche Sprachverwendung möglicherweise begründet sind.
Frauen verwenden einen höheren Anteil an emotionalem und empathischem Vokabular, wie beispielsweise Gefühlsbegriffe. Auch verwenden Frauen häufiger die Pronomen „ich“ „du“, „wir“, während Männer die Pronomen „er“ und „sie“ bevorzugen (Muderlak, 2015).
Bereits diese Analyse zeigt, dass Frauen häufig auf der Beziehungsebene kommunizieren. Während sich Männer auf der Sachebene bewegen und Lösungen und Fakten heranziehen, ist es Frauen wichtig, im Gespräch eine Beziehung herzustellen und gemocht zu werden.
Aus diesem Grund verwenden Frauen in Gesprächen häufiger sogenannte „Weichmacher“. Also Wörter, wie „vielleicht“, „eventuell“ oder „möglicherweise“ und formulieren Anliegen im Konjunktiv. Das Ziel hierbei ist es, höflich zu sein, nicht überheblich zu wirken und Raum für andere Meinungen zu lassen. Doch genau diese indirekte Sprachverwendung wird im Firmenalltag als wenig fokussiert und nicht lösungsorientiert wahrgenommen. Anweisungen, wie: „Könntest du mir die Unterlagen bitte bis heute Nachmittag auf den Tisch legen.“ werden als Vorschlag verstanden und Erklärungen und Begründungen als Unsicherheit ausgelegt.
Denn „Ich würde gerne etwas vorschlagen…“, ist ein Satz, der häufig nicht mit Führungsstärke assoziiert wird. Jedoch lädt diese Formulierung zum Diskutieren ein.
„Frauen schauen mehr auf den Prozess und darauf, ob im Gespräch jeder zum Zug kommt“, erklärt die Kommunikationstrainerin Stützle-Hebel, anstatt Behauptungen aufzustellen und den Status quo zu wiederholen (Kals, 2013, S.2). Dieser Fokus auf Nuancen zeigt sich ebenfalls auf der Ebene des Satzbaus.
Frauen verwenden häufig kompliziertere Satzstrukturen mit detaillierteren Beschreibungen und Nebensatzkonstruktionen als Männer. Sie liefern nicht nur Thesen, sondern die Begründung gleich mit.
Diese Fähigkeit scheint auf den ersten Blick ein Vorteil zu sein. Jedoch bleiben die klaren Thesen und Aussagen von Herrn Müller leichter im Kopf als die komplizierten Erläuterungen von Frau Drexler. Dies führt dazu, dass Herr Müller rückblickend als entscheidungsfreudiger, motivierter und durchsetzungsfähiger wahrgenommen wird.
Hier kommt hinzu, dass Frauen häufig eine höhere Sprechgeschwindigkeit haben und weniger Pausen setzen. Zuhörer und Zuhörerinnen bewerten ein schnelles Sprechtempo jedoch unbewusst als Fluchttendenz und damit als Unsicherheit (Muderlak, 2015).
Dieser Unsicherheitseffekt wird noch durch einen biologischen Faktor verstärkt: Die Stimmen von Frauen sind fast immer höher und weniger voluminös als die der Männer. Jedoch werden vor allem dunkle, warme und kräftige Stimmen als souverän und kompetent wahrgenommen werden (vgl. Muderlak, 2015).
Und auch in Stresssituationen haben Männer einen biologischen Vorteil: Während sich Frauen dazu neigen, sich klein zu machen, wenn sie Angst haben oder nervös sind, also die Schultern einziehen und den Kopf senken, weiten Männer die Brust und richten sich auf. Sie bereiten sich gewissermaßen „für den Kampf“ vor.
Die Folge: Die Männer nehmen mehr Raum ein, sprechen mit lauter Stimme und unterstreichen ihre Argumente mit ausladender Gestik und Mimik. Mit dieser Körperhaltung strahlen Männer in Stresssituationen Kompetenz, Sicherheit und Belastbarkeit aus, während Frauen eher in sich zusammensinken und mit hoher und gepresster Stimme sprechen.
Es gibt eine ganze Reihe von Unterschieden in der Kommunikation zwischen Männern und Frauen. Viele davon beruhen auf biologischen Unterschieden, andere werden durch Erziehung und Sozialisation gefördert und halten sich hartnäckig.
Jedoch sollte die Lösung der Kommunikationsprobleme zwischen dem typisch-männlichen und dem typisch-weiblichen Kommunikationsstil auf keinen Fall sein, dass Frauen von jetzt an versuchen, nur noch in kurzen, knappen Sätzen zu sprechen und ihre Stimmlage zu verändern. Genauso wenig sollten Männer versuchen sich einen weiblicheren Sprachstil anzugewöhnen.
Viel wichtiger ist es, ein Bewusstsein für die individuellen Sprachstile jeder einzelnen Person zu entwickeln und diese zu akzeptieren, anstatt zu verurteilen.
Diese innere Haltung ermöglicht es, auf Schuldzuweisungen zu verzichten und somit eine Atmosphäre zu schaffen, in der alle Teammitglieder aktiv und konstant an ihrem Kommunikationsverhalten arbeiten. Auf dieser Grundlage kann ein gemeinsamer Lernprozess entstehen, der die Stärken jedes Teammitglieds im Fokus hat, von denen die anderen lernen können.
Literaturhinweis
Kals, U. (2013): Männer wollen Lösungen, Frauen wollen reden. Frankfurter Allgemeine Zeitung. Online verfügbar unter: https://www.faz.net/aktuell/karriere-hochschule/buero-co/kommunikation-maenner-wollen-loesungen-frauen-wollen-reden-12279347-p2.html [07.10.2021]
Muderlak, M. (2015): Der unbekannte Unterschied. Genderspezifische Kommunikation. Managerseminare, 203. Online verfügbar unter: https://metatheorie-der-veraenderung.info/wp-content/uploads/2015/06/Gender-Communication-Der-unbekannte-Unterschied.pdf [07.10.2021]
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