Beim Sparen auch an morgen denken

Einsparpotenzial finden, Energiekosten sparen, Preiserhöhungen durchsetzen, wettbewerbsfähig bleiben. Das steht für viele Unternehmen gerade ganz oben auf der Agenda. Die Pandemie, Lieferkettenprobleme, steigende Rohstoff-, Energie- und Transportkosten und einiges mehr belasten die Wirtschaft.

Und so werden häufig Sparideen umgesetzt, ohne genau zu überprüfen, welchen Langzeiteffekt diese haben. Gerade kleinere Unternehmen, die nicht auf Analysesysteme, Beratung oder auf professionelle Untersuchungen zurückgreifen, laufen Gefahr, mittel- und langfristige Effekte auf die Kundenzufriedenheit und damit auf das Kaufverhalten zu unterschätzen.

Dazu ein Alltagsbeispiel:

In meinem Lieblingscafe wurde der Preis für einen Cappuccino von 3,30 € auf 3,90 € erhöht – also knapp 20 Prozent. Das könnte ich - mit Blick auf die Inflation und die steigenden Energiepreise - noch hinnehmen, dass aber der Cappuccino nun deutlich dünner schmeckt und man den Kaffeegeschmack fast suchen muss, macht die Sache schon schwieriger. Mehrere Gäste haben sich bereits beschwert, dass auch der Espresso dünner geworden ist. Die Auskunft: „Ja, wir haben die Maschinen geringfügig neu justiert, um bewusster mit den Rohstoffen umzugehen.“ Hier wurde also an zwei Schrauben gedreht. Doch wie weit kann man an Schrauben drehen, bis man Gäste verliert?

In der Kundenzufriedenheitsmessung unterscheidet man Basisfaktoren, Leistungsfaktoren und Begeisterungsfaktoren. Vor der Pandemie haben sich die Unternehmen oft gefragt und dazu auch Workshops durchgeführt, wie KundInnen begeistert werden können, damit sie sich langfristig an das Unternehmen und die Produkte binden. Und das ist nicht überholt. So ist es wichtig zu überprüfen, bei welchen Faktoren eingespart wird, denn auch künftig sollte Leistung und Preis für die Kundschaft in einem guten Verhältnis stehen.

In diesem Blog-Beitrag wollen wir Ihnen anhand von Beispielen aufzeigen, ab wann die Kundenzufriedenheit leidet und worin sich Basis-, Leistungs- und Begeisterungsfakoren unterscheiden.

Denn, wir sollten nicht vergessen, dass auch unsere Kundschaft die Auswirkungen der Pandemie, die Unsicherheiten und Einschränk-ungen spüren. Trotzdem freuen sich viele, dass sie sich endlich wieder etwas gönnen können. Sie unternehmen mehr und sind wieder offen für Erlebnisse.

Kunden und Kundinnen vergleichen mit bisher Erlebtem…

Inhaltsverzeichnis

Der Vergleich mit Erlebtem

Ein Alltagsbeispiel:

Vor vielen Jahren war ich mit einer Freundin in einem Kreativworkshop und wir haben dort eigene Tassen gestaltet. Diese konnten wir nach einer Woche gebrannt im Laden abholen. Wir freuten uns darauf, dass dieses Unternehmen nun endlich wieder Workshops anbot. Ich erinnerte mich an früher. Wir wurden freundlich empfangen und bekamen erst einmal eine Schürze und Arbeitsutensilien. Dann wurde anhand von fertigen Produkten erklärt, wie diese entstehen und welche Techniken zu welchen Ergebnissen führen. Eine Mitarbeiterin ging immer wieder an den Teilnehmenden vorbei, um zu sehen, ob diese auch alles richtig machen, damit das Ergebnis gut wird. Wir fühlten uns gut betreut und beraten.

Nun wurde die Malzeit von drei auf zwei Stunden verringert. Es gab weniger Rohlinge zur Auswahl. Es wurden auch keine Schürzen mehr ausgegeben, um die Kleidung zu schützen. Die Arbeitsplätze waren dicht gedrängt. Wir bekamen keine  persönlichen Erklärungen mehr. An jedem Platz lag ein vierseitiges Handout mit Anweisungen zum Selbstlesen. Einige Maltechniken standen nicht mehr zur Verfügung. Für mitgebrachte Getränke oder Speisen wurden sieben Euro pro Person in Rechnung gestellt. Für Getränke, die man dort kaufen konnte, wurde ein Preis wie in einem Lokal veranschlagt. Es fühlte sich an, wie eine lieblose Veranstaltung. Zudem war es aufgrund der hohen Auslastung und der Aufstockung der Sitzplätze sehr laut im Raum.

Will das Unternehmen mit diesen Maßnahmen die Verluste der vergangenen Jahre möglichst schnell wieder ausgleichen?

Mir verdarb es den Spaß, da ich mich an bisher Erlebtes erinnerte. Hier wurde gleichzeitig an mehr als sechs Schrauben gedreht. Mein Entschluss steht fest, dass ich nicht mehr dorthin gehen werde. Doch wie erleben es Menschen, die nicht auf ein bisheriges Erlebnis in diesem Unternehmen zurückgreifen?

Welche Basis-, welche Leistungsfaktoren und welche Begeisterungsfaktoren gibt es? An welcher Schraube macht es Sinn zu drehen und wenn ja, wie stark?

Wer mit Sparmaßnahmen übertreibt, verliert KundInnen und tut sich damit selbst keinen Gefallen. Wäre nicht genau jetzt der Zeitpunkt die Kundschaft wieder von sich zu begeistern und dabei nach Lösungen zu suchen, die keinen oder nur geringen Mehraufwand bedeuten? Vielleicht liegen diese Lösungen nicht einfach auf dem Tisch, sondern müssen kreativ gesucht werden?

Wer Kunden und Kundinnen emotional erreicht und ihnen schöne Momente beschert, der wird sicherer in die Zukunft schauen, als die, die sich im wahrsten Sinne des Wortes zu Tode sparen.

Fragen Sie sich als Erstes: Was hat Ihre Kundschaft bisher begeistert? Warum kamen diese Personen genau zu Ihnen? Was hat Sie von der Konkurrenz positiv unterschieden?

 

Die Basisfaktoren

Basisfaktoren sind Mindestanforderungen der KundInnen – also Selbstverständlichkeiten. Sie stellen aber noch keine Basis zur Kundenzufriedenheit dar. Sind diese Basisfaktoren erfüllt, führt das zu einem neutralen Zustand. Die Kundschaft ist nicht unzufrieden.

In einem Cafe sind die Basisfaktoren für KundInnen freundliches Servicepersonal, das die Bestellung zeitnah an den Tisch bringt, leckerer Kaffee, der vollmundig schmeckt und auch noch heiß serviert wird. Und natürlich gehören sauberes Geschirr und eine angenehme Atmosphäre ebenso zu den Basisfaktoren.

Bei einem Kreativworkshop erwarten KundInnen eine ruhige und kreative Umgebung, Beratung und eine gute Auswahl. Vielleicht hätte das Unternehmen (siehe Beispiel) den Personalmangel oder die für Erklärungen aufzuwendende Zeit damit ausgleichen können, die Anleitung auf Video aufzunehmen und diese über ein anschauliches 5-Minuten-Video auf Bildschirm zu zeigen?  Vielleicht wäre die Aufstockung um ein paar Arbeitsplätze noch vertretbar gewesen, anstatt den Raum bis auf den letzten Platz mit Stühlen und Tischen zu bestücken?

Wenn die Basisfaktoren nicht erfüllt sind, sind die KundInnen unzufrieden. Das bedeutet Reklamationen und Kundenverlust. Zudem darf nicht vergessen werden: KundInnen sprechen über Ihre Unzufriedenheit mit anderen.

 

Die Leistungsfaktoren

Sind die Leistungsfaktoren erfüllt, führt dies zur Zufriedenheit der Kundschaft. Der Verlauf zwischen Kundenzufriedenheit und Erfüllung der Leistungsfaktoren ist linear.

Leistungsfaktoren sind mit der Erwartungshaltung der KundInnen gleichzusetzen – sie gehen über die Basisfaktoren hinaus.

Was bedeutet dies für ein Cafe? Das Servicepersonal nimmt Blickkontakt auf und ist bereit, wenn man etwas nachbestellen möchte. Es kennt sich mit dem Angebot aus und kann Empfehlungen aussprechen. Die auf der Website veröffentlichten Angebote und Öffnungszeiten entsprechen der Realität. Für ein Glas Leitungswasser zum Kaffee wird nichts separat in Rechnung gestellt. Sie erhalten eine Serviette und vielleicht auch ein Keks zum Kaffee. Vielleicht denken Sie jetzt, dass das für Sie noch Basisfaktoren sind. Sicher sieht das jeder individuell unterschiedlich. Deshalb ist es besonders wichtig in die Rolle der KundInnen zu schlüpfen und einen Perspektivwechsel vorzunehmen. So bekommt man eine gute Schnittmenge, mit der sich arbeiten lässt.

Was bedeutet dies für den Kreativworkshop? An oben erwähntem Beispiel wäre dies, keine Berechnung für mitgebrachte Speisen oder Getränke vorzunehmen. Des Weiteren ausreichend Malzeit zu haben, um ohne Eile das Objekt fertig bemalen zu können und Schürzen zum Schutz der eigenen Kleidung vorrätig zu haben.

 

Die Begeisterungsfaktoren

Dies sind alle Eigenschaften eines Produktes oder einer Dienstleistung, die nicht von den KundInnen erwartet werden. Wenn die Begeisterungsfaktoren nicht vorhanden sind, sind KundInnen immer noch zufrieden. Allerdings: Wer begeistert ist, empfiehlt das Produkt oder die Dienstleistung besonders gerne weiter. Teilweise stellen Firmen Überlegungen an, wie sie Kundschaft begeistern können und vernachlässigen dadurch Basisfaktoren. Aber, Achtung! Begeisterungsfaktoren stellen keinen Ersatz für fehlende Basisfaktoren dar.

Was bedeutet dies für das Cafe? Was begeistert KundInnen? Es gibt eine Bandbreite an unterschiedlichen Getränken und Speisen. Das Cafe bietet somit auch eine Auswahl für KundInnen mit Nahrungsmittel-unverträglichkeiten an. Das Servicepersonal kennt sich mit Inhaltsstoffen aus. Neben dem Waschbecken in der Toilette finden Sie Hygieneartikel. Das Servicepersonal bedankt sich für Ihren Besuch. Zum Kaffee gibt es einen hausgemachten Keks.

Was bedeutet dies für den Kreativworkshop? Es gibt immer wieder neue Maltechniken, die kurz vorgestellt werden und inspirieren. Fotografien von fertigen Werken hängen an der Wand und geben Anregungen. Die Formen der Rohlinge entsprechen dem aktuellen LifeStyle. Die angefertigten Teile müssen nicht abgeholt werden, Sie können zwischen Zusendung mit Aufpreis und Abholung wählen. Auf der Malunterlage finden Sie auf Ihrem vorbereiteten Tisch die Aufschrift: "Kunst wäscht den Staub des Alltags von der Seele.“ (Pablo Picasso). Bei mehr als 30 Grad gibt es kostenlos Wasser zum Trinken.

Dies sind nur einige Ideen und möglicherweise fallen Ihnen spontan Weitere ein.

 

Wo kann ich als Unternehmen ansetzen?

Eines ist klar: Die Basisfaktoren müssen erfüllt sein. Ist die Erfüllung der Basisfaktoren mit großem Aufwand verbunden, dann müssen Sie nach kreativen Alternativen suchen.

Im Kreativworkshop bindet die persönliche Erklärung am Anfang das Person zeitlich sehr stark ein. Anstatt diese persönliche Erklärung ganz zu streichen und die Kundschaft eine vierseitige Anleitung lesen zu lassen, könnten Sie ein kurzes Erklärvideo erstellen und über einen Bildschirm zeigen.

Auch Leistungsfaktoren sollten idealerweise nicht reduziert werden. Auch hier gilt es nach Alternativen zu suchen. Möglicherweise lassen sich kostengünstige Alternativen finden, so dass Leistungsfaktoren sogar noch verstärkt werden können?

Am Beispiel des Cafes: Wenn Sie nicht genügend Personal haben, das die KundInnen im Blick hat, falls sie etwas nachbestellen wollen, könnte ein preiswertes elektronisches Kundenrufsystem (Pager-System) eingeführt werden.

Begeisterungsfaktoren sollten identifiziert werden. Dabei ist besonders auf die Zielgruppe zu achten.

Am Beispiel des Cafes: Die hausgemachten Keks kann man auch direkt im Cafe kaufen oder man bekommt bestimmte Spezialrezepte ausgehändigt, wenn man danach fragt. Das Cafe verkauft sich dann über Ambiente, Austausch und guten Service und nicht nur über das Produkt. Weitere Ideen: Es gibt vegane Kuchenalternativen. Kurz vor Feierabend geben Sie den KundInnen überraschend ein Stück Kuchen kostenlos mit nach Hause, bevor sie diesen entsorgen müssten, da sie ihn am nächsten Tag nicht mehr als „frisch und hausgemacht“ anbieten können. Wer sparen möchte, stellt die Hafermilch einfach und preiswert selbst her und kann der Kundschaft so kostengünstig Alternativen anbieten und dabei auch noch die Umwelt schonen.

 

Fazit

Es gibt eine Vielzahl an Möglichkeiten Kunden und Kundinnen zufriedenzustellen oder gar zu begeistern. Nicht immer sind diese Alternativen mit einem Mehr an finanziellem Aufwand verbunden – vielmehr mit kreativem Denken und einen Blick über den Tellerrand. Oftmals muss man sich nur die Zeit nehmen, genauer hinzusehen, die unterschiedlichen Kategorien an Basis-, Leistungs- und Begeisterungsfaktoren zu definieren und dann konsequent in der Umsetzung sein.

Qualität und Ethik sind eher die Basis von Erfolg, als jedes Einsparpotenzial zu nutzen, das nur kurzfristige Erfolge erzielt.

Übrigens: Wer die Energiekosten senken möchte und daher die Beleuchtung im Laden reduziert, sollte darauf achten, dass es von außen nicht zu dunkel und geschlossen aussieht. Auch das ist mir in den letzten Wochen aufgefallen. Es lädt weder dazu ein, den Laden zu betreten, noch sich darin lange aufzuhalten und einzukaufen. Bei manchen Läden habe ich zögerlich an der Tür gedrückt, da ich nicht davon ausging, dass der Laden geöffnet ist. Bei schummrigem Licht fällt auch die Konzentration der Mitarbeitenden ab.

Vielleicht wäre es eine gute Alternative Wände weiß zu streichen, damit das Licht besser reflektiert. Ein großes Schild mit „Open“ macht die dunklere Außenansicht des Ladens wieder wett oder Sie blasen Luftballons auf und hängen diese an die Firmenschrift – „das Auge folgt der Bewegung und dorthin geht die Aufmerksamkeit“.

Es gibt viele Möglichkeiten, nicht alle sind für jedes Unternehmen gleichermaßen umsetzbar und interessant – diese müssen individuell gefunden werden.

Bei Interesse an einer Beratung oder der Durchführung von Kreativ- und Strategieworkshops kommen Sie gerne auf mich zu.

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